Der Klingnauer Stausee ist stetig am Verlanden. Dadurch ist die heutige Vielfalt entstanden, doch dieser natürliche Prozess ist gleichzeitig auch die grösste Herausforderung für die Zukunft.
Durch den Bau des Kraftwerks entstand aus der Aare ein Stausee. Zunächst war dieser mehrer Meter tief und nahezu frei von Sedimenten. Diese tiefen Wasserregionen waren vor allem für Tauchenten interessant: Diese tauchen zur Nahrungssuche auf den Grund der Gewässer und suchen dort vorwiegend nach Muscheln. Die Ausbreitung der Wandermuschel trug ihren Teil dazu bei, dass die Bestände von Reiher- und Tafelenten rasant zunahmen.
Im Laufe der Jahre begann der Stausee jedoch immer mehr zu verlanden. Hauptsächlich im linken Teil des Sees lagerte die Aare immer mehr Sedimente ab und aus den Tiefwasserzonen entwickelte sich ein immer seichter werdendes Gewässer. Früher zahlreich auftretende Wintergäste wurden immer seltener, dafür siedelten sich nun die Gründelenten wie Krick-, Schnatter- oder Stockente an. Auch die Watvögel wie Bekassine oder Grosser Brachvogel profitierten von der Verlandung. Zudem konnten sich neue Pflanzengesellschaften etablieren: Sobald die Aufladung durch Sand und Schwebeteilchen genügend hoch ist, können erste Pionierpflanzen wie das Schilf wachsen. Danach entwickeln sich das Röhricht und Grosseggenrieder – die heutigen Schilfinseln. Darin finden wieder neue Arten wie Rohrschwirl, Bartmeise oder Rohrdommel einen Lebensraum.
Aus Wasser wird Wald
Damit ist der Verlandungsprozess aber noch nicht abgeschlossen: das Wasser wird immer weiter verdrängt und der Boden trocknet langsam ab. Während sich an feuchten und nährstoffreichen Standorten zunächst Hochstaudenfluren entwickeln, breiten sich an trockeneren Standorten bereits erste Gehölze aus. Nach den Sträuchern siedeln sich Weiden und andere Wichhölzer an und es wächst ein Auenwald. Die Wasservögel verlieren damit ihren Lebensrum, dafür finden nun Waldvögel wie der Schwarzmilan oder der Pirol ideale Bedingungen.
Bis heute schreitet diese natürliche Sukzession unvermindert voran. Langfristig würde dies bedeuten, dass das wertvolle Mosaik an Lebensräumen verloren ginge und damit auch die Artenvielfalt. Die Uferbefestigungen, die Regulierung des Flusses und der beschränkte Raum begünstigen diesen Prozess zusätzlich. Um die heutige Vielfalt langfristig zu erhalten, sind deshalb regelmässige Eingriffe wie Baggerungen oder das Abtragen der Schilfinseln nötig.