Klingnauer Stausee

Vom Fluss zum Stausee

Das untere Aaretal und damit auch der Klingnauer Stausee haben eine bewegte Geschichte. In nur 200 Jahren ist aus einem wilden Fluss ein See mit intensiv genutztem Umland geworden. 

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts floss die Aare frei durch das untere Aaretal, überschwemmte regelmäßig grosse Flächen und gestaltete die Landschaft immer wieder neu. Die Wasserstände variierten dabei so stark, dass die Aare bei Hochwasser bis zu vier Mal mehr Wasser führte als bei Niedrigwasser. Mit den Hochwassern fanden auch grosse Materialverschiebungen statt, bei denen neue Kiesbänke entstanden, Inseln verschwanden und das Ufer abgetragen wurde. Es war eine der grössten Auenlandschaften der Schweiz mit einer enorm hohen Artenvielfalt. Sogar Wisent, Fischotter und Lachs waren damals hier heimisch. 

Grosse Veränderungen 

Um die Dörfer vor Überschwemmungen zu schützen und das Schwemmland nutzbar zu machen, wurde die Aare um 1900 begradigt. Aus dem mäandrierenden Fluss wurde ein nur 150 Meter enger und gerader Kanal. Die Ufer wurden fest verbaut und das ehemalige Schwemmland trocken gelegt. Von den ursprünglich grossflächigen Auen blieben nur kleine Reste wie das Gippinger Grien oder die Koblenzer Giriz erhalten. Entsprechend gingen viele Lebensräume verloren und die Artenvielfalt nahm ab. 

Im Zusammenhang mit der Industrialisierung wurde zudem die Wasserkraftnutzung für Elektrizität immer wichtiger – auch im unteren Aareal. So wurde zwischen 1931 und 1935 das Aarekraftwerk bei Klingnau errichtet. Die Aare wurde eingestaut, der Wasserpegel stieg um mehrere Meter und der Fluss verwandelte sich in einen Stausee. Dadurch wurden weitere Reste der ursprünglichen Flussaue zerstört, gleichzeitig bot der Stausee aber neuen Lebensraum für Wasservögel. 

Trotz dem Bau des Stausees brachte die Aare weiterhin grosse Mengen an Geschiebe (Kies, Erde, Sand) mit, das nun aber in den Bereichen oberhalb des Kraftwerkes abgelagert wurde. Der Stausee begann langsam zu verlanden. Es entstanden sogenannte Flachwasserzonen, also Bereiche mit sehr geringer Wassertiefe. In diesen flachen Bereichen breitete sich schliesslich das Röhricht aus, danach folgten die Büsche und erste Bäume. Nach und nach bildeten sich die Schilfinseln und der Auenwald bei Kleindöttingen, wie wir sie heute kennen. 

Karte von 1890     Karte von 1966

Blick in die Zukunft

Heute bietet der Klingnauer Stausee wieder eine Vielzahl an unterschiedlichen Lebensräumen. Aus der monotonen Wasserfläche ist wieder ökologisch wertvolles Gebiet entstanden. Hinzu kommen mehrere Auenrelikte mit unterschiedlichsten Gewässern, offenen Flächen und Wäldern. Damit diese Vielfalt jedoch langfristig erhalten bleibt, sind regelmässige Pflegearbeiten und Eingriffe notwendig. Die grösste Herausforderung ist dabei der Stausee selbst: Die Verlandung schreitet stetig voran und droht, das einzigartige Mosaik an unterschiedlichen Lebensräumen verschwinden zu lassen. Um insbesondere die Flachwasserzonen langfristig zu erhalten, sind deshalb grössere Eingriffe notwendig. 

Ein erster Schritt wird voraussichtlich 2025 durch das Aarekraftwerk Klingnau getan. Das Aarekrafwerk erhielt 2018 eine neue Konzession und muss im Gegenzug ökologische Ausgleichsmassnahmen umsetzen. Dazu gehört auch der Abtrag von Sedimenten in der Flachwasserzone auf einer Fläche von 8'000 m2. Dadurch wird in diesem Bereich die Wassertiefe von wenigen Zentimetern wieder auf rund 50 cm erhöht. Ein zweiter grosser Eingriff wird vom Kanton Aargau geplant, seine Umsetzung sollte ebenfalls ab 2025 beginnen. 

> Mehr über den Bau des Kraftwerks
> Ursachen und Auswirkungen der Verlandung