Seit Mitte April ist er am Klingnauer Stausee wieder zu vernehmen: der Ruf des Kuckucks. Nach seiner langen Reise aus dem südlichen Afrika ist der Langstreckenzieher für die Zeit des Brutgeschäfts nun wieder bei uns angekommen.
Viele Menschen kennen seinen Ruf, erkennen den Kuckuck (Cuculus canorus) aber nicht gleich an seinem äusseren Erscheinungsbild. Die Grösse des Kuckucks ist vergleichbar mit der eines Turmfalken. Die Brust und der Bauch sind hellgrau und mit dunklen Streifen gebändert. Seine Oberseite ist einheitlich dunkelgrau. Seltener kommen Individuen in Brauntönen vor, sogenannte braune Morphen. Der Kuckuck hat einen verhältnismässig langen Schwanz, der vor allem im Flug auffällt.
Einfacher Gesang, kompliziertes Brugeschäft
Trotz seines bekannten Gesangs gehört der Kuckuck nicht zur Ordnung der Singvögel (Passeriformes), sondern zur Ordnung der Kuckucksvögel (Cuculiformes). Anders als viele Singvögel kann der Kuckuck seine Lautäusserungen nur begrenzt variieren. Das Männchen stösst während der Balzzeit ein klares, zweisilbiges «Gug-Gu, Gug-Gu» aus, um Weibchen anzulocken und sein Revier zu markieren. Manchmal singen Paare zudem abwechselnd im Duett. Das Intervall der beiden Silben entspricht dabei meistens einer kleinen Terz. Aufgrund seiner Schlichtheit und hohen Tragweite ist der Ruf des Kuckucks über weite Distanzen hinweg zu hören.
Nicht nur sein Ruf ist allgemein bekannt, auch seine Fortpflanzungsstrategie. Der Kuckuck betreibt als einzige europäische Vogelart Brutparasitismus: Das Weibchen brütet ihre Eier nicht selbst aus, sondern nutzt dafür Wirtseltern und deren Nester. Bis zu 25 Eier legt das Kuckucksweibchen in den Frühsommermonaten in unterschiedliche Wirtsnester, von denen nur wenige von den Wirtseltern unentdeckt bleiben und schlüpfen. Sobald das Kuckucks-Küken schlüpft, wirft es die übrigen Eier ebenso wie allfällige Jungen aus dem Nest und wird von den Wirtseltern gefüttert und aufgezogen. Zu den häufigen Wirtsarten gehören der Teichrohrsänger, die Bachstelze und der Zaunkönig. Das Kuckuckweibchen ist jeweils auf eine Wirtsart spezialisiert, nämlich für jene Art, von der sie selbst aufgezogen wurde. Beobachtungen haben gezeigt, dass die Bettelrufe der jungen Kuckucke an jene der Wirtselternart angepasst werden, damit diese ihr Wirtsjunges gut füttern. Was jedoch nicht übernommen wird, ist der Ruf respektive der Gesang der Wirtseltern. Der Ruf des Kuckucks muss also angeboren sein, da er ihn nicht von seinen Wirtseltern erlernen kann.
Brauner Kuckuck. Teichrohrsänger füttert Kuckuck.
Foto: Beat Rüegger – beatruegger.ch. Foto: Sonja Braue, Wikicommons.
Der Kuckuck als kulturelles Symbol
In Mitteleuropa wird der erste Ruf des Kuckucks im Frühjahr seit Jahrhunderten in der Kultur als Zeichen für den Beginn der warmen Jahreszeit, aber auch Glück und Wohlstand gedeutet. Viele alte Bräuche und Aberglauben drehen sich darum: Etwa die Vorstellung, dass die Zahl der gehörten Rufe Hinweise auf Glück oder Lebensjahre geben könne. Die Vogelart hat auch Eingang in die Sprache gefunden. Nennenswert sind das «Kuckuckskind» und die Redewendung «Weiss der Kuckuck!». Noch immer wird zu Frühlingsbeginn im Kindergarten das Lied «Kuckuck, Kuckuck ruft's aus dem Wald» gesungen. Denn auch in Musik und Literatur hat der Kuckucksruf Eingang gefunden. Komponisten wie Ludwig van Beethoven, Georg Friedrich Händel oder Camille Saint-Saëns integrierten die charakteristischen Intervalle seines Rufes in ihre Werke – etwa im «Karneval der Tiere». Darüber hinaus wurde der Kuckuck durch die berühmte Kuckucksuhr, die seinen Ruf mechanisch nachahmt, bekannt.
> Hier finden Sie ausführlichere Informationen zum Kuckuck als Kultursymbol
> Hier finden Sie Audioaufnahmen vom Kuckuck und weiteren Arten