Blüten der Wilden Karde. Foto: Florence Rüegger

Stachelige Schönheit mit ökologischem Wert

10.07.2025

Die Wilde Karde (Dipsacus fullonum) ist eine beeindruckende Wildpflanze mit bis zu zwei Meter hohen, stacheligen Stängeln und auffälligen violetten Blütenköpfen. Auch wenn sie auf den ersten Blick an eine Distel erinnert: Botanisch ist die Wilde Karde keine. Sie gehört nicht zu den Korbblütlern, sondern zur Familie der Geissblattgewächse (Caprifoliaceae). Man findet sie häufig an Wegrändern, Böschungen, auf Brachflächen oder in Naturgärten.

Herkunft des Namens

Der deutsche Name «Karde» stammt vom mittelhochdeutschen karwe, was auf die früher genutzte Funktion der Pflanze hinweist: Ihre getrockneten Blütenköpfe dienten im Mittelalter zum «Kardieren» – dem Aufrauen von Wollstoffen. Der botanische Name Dipsacus fullonum ist ebenso bedeutungsvoll. Dipsacus leitet sich vom griechischen dipsa (Durst) ab und verweist auf die Wassersammelbecken, die durch die gegenständigen, unten verwachsenen Blätter gebildet werden. Der Artname fullonum stammt vom lateinischen fullo (Walker) – ein Hinweis auf ihre historische Nutzung in der Tuchverarbeitung.

Auffällige Blüte in Ringen

Die Blüten der Karde öffnen sich in einer ungewöhnlichen Reihenfolge: Sie beginnen meist in der Mitte des kugeligen Blütenstands und bilden einen ringförmigen Blütenkranz, der sich gleichzeitig nach oben und unten ausdehnt – ein faszinierendes Schauspiel über mehrere Tage hinweg.

Wassergefüllte Blattbasen – mehr als nur Wasserspeicher

Die becherförmigen Blattpaare der Wilden Karde sammeln Regenwasser und bilden sogenannte wassergefüllte Blattbasen. Ihre genaue Funktion ist nicht abschließend geklärt: Sie könnten vor kriechenden Insekten schützen, das Mikroklima regulieren oder – wie einige Studien vermuten – Nährstoffe aus verrottendem organischem Material liefern. Ob die Wilde Karde damit zu den sogenannten «Proto-Karnivoren» gehört, bleibt umstritten. Als solche bezeichnet man Pflanzen, die zwar keine echten Fleischfresser sind, aber gelegentlich Nährstoffe aus toten Insekten aufnehmen.

Wasserspeicher       Stieglitz
Wassergefüllte Blattbasen. Bild: Daniela Rüegsegger.       Stieglitz auf Wilder Karde. Bild: Beat Rüegger -
                                                                                                      beatrueeger.ch

Ökologisch wertvoll für Insekten und Vögel

Die Wilde Karde bietet reichlich Nektar und Pollen für Hummeln, Bienen und Schmetterlinge wie das Tagpfauenauge oder den Distelfalter.Durch ihre lange Blütezeit von Juli bis September stellt sie eine wichtige Nahrungsquelle in einem Zeitraum dar, in dem viele andere Wildpflanzen bereits verblüht sind. Auch im Winter hat sie Bedeutung: Ihre Samenstände bleiben lange aufrecht stehen und dienen Körnerfressern wie dem Stieglitz als Nahrungsquelle. Zudem bieten Stängel und Blätter Schutz und Lebensraum für Insekten. Der Stängel der Wilden Karde werden von verschiedenen Insektenarten als Unterschlupf genutzt, um die kalte Jahreszeit zu überstehen.

Wer im Garten heimischen Wildpflanzen Raum geben möchte, liegt mit der Wilden Karde richtig: pflegeleicht, ökologisch wertvoll und ein echter Blickfang vom Sommer bis in den Winter hinein.

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