Rostgans im Flug

Die Rostgans, ein ungebetener Gast

27.07.2025

Wer momentan auf den Klingnauer Stausee blickt, kann die schöne Rostgans beobachten. Die Anwesenheit dieser Art löst aber in Naturschutzkreisen nicht gerade Begeisterung aus. Denn die Rostgans gehört in der Schweiz zu den invasiven Neozoen.

Die Rostgans im Porträt

Wie der Name verrät, hat die Rostgans (Tadorna ferruginea) ein rostfarbenes Gefieder, das zum Kopf hin einen hellen Verlauf aufweist. Im Prachtkleid trägt das Männchen einen schmalen schwarzen Halsring, der beim Weibchen fehlt. Schnabel, Beine und Augen dieser Art sind schwarz. Im Flug sind die hellen Flügeldecken in starkem Kontrast zu den schwarzen Schwingen besonders auffällig – ein sicheres Unterscheidungsmerkmal zu anderen einheimischen Wasservögeln.

Die Rostgans gehört zu den sogenannten Halbgänsen. Halbgänse sind Vogelarten innerhalb der Familie der Entenvögel, die in Körperbau, Verhalten und Lebensweise eine Zwischenstellung zwischen typischen Enten und Gänsen einnehmen. Die Rostgans ist ein typischer Vertreter dieser Gruppe: Sie ist grösser und hochbeiniger als eine Ente, aber nicht so kräftig gebaut wie eine Gans. Auch ihr Verhalten – etwa die lebenslange Paarbindung und das Brüten in Höhlen oder Felsspalten – ähnelt dem der Gänse. Eine nahe verwandte Art ist die einheimische Brandgans, die ebenfalls zur Gattung Tadorna gehört.

Ursprünglich stammt die Rostgans aus Zentralasien und dem nordwestlichen Afrika. Dort besiedelt sie offene, trockene Landschaften wie Steppen, Halbwüsten und Hochplateaus, jedoch immer in der Nähe von Süssgewässern. Ihr bevorzugter Lebensraum liegt meist abseits dichter Vegetation. Anders als viele Entenarten brütet die Rostgans nicht direkt am Wasser, sondern in Baum- oder Felshöhlen, gelegentlich auch in verlassenen Tierbauten. Während der Brutzeit verteidigen Rostgänse ihr Revier äusserst energisch, teils auch aggressiv gegenüber einheimischen Vogelarten. Ausserhalb der Brutzeit leben und ziehen sie aber in grösseren Gruppen.

Rostgans   Rostgänse           

Die Rostgans als invasive Neozoe

Eine Tierart gilt dann als invasiv, wenn sie durch den Menschen in ein artfremdes Gebiet eingeschleppt oder eingeführt wurde und sich dort ausbreitet. Dies führt zur Verdrängung von einheimischen Arten und kann auch zu gesundheitlichen und ökonomischen Schäden führen. Invasive Arten gelten als einre der grossen Treiber der globalen Biodiversitätskrise.

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Rostgans in Mitteleuropa angesiedelt, vor allem durch Gefangenschaftsflüchtlinge. In der Schweiz und in Süddeutschland gibt es mittlerweile stabile Brutvorkommen, die – obwohl nicht ursprünglich heimisch – als teils etabliert gelten. In der Schweiz stammen nahezu alle Rostgänse aus entkommenen Tieren aus Parkanlagen, Zoos oder privaten Haltungen. Die erste frei brütende Rostgans wurde 1963 in Zürich nachgewiesen, regelmässige Brutvorkommen bestehen seit 1987. Dank günstiger klimatischer Bedingungen und winterlicher Fütterung konnten sich die ausgesiedelten Tiere erfolgreich vermehren. Heute leben über 1'000 Individuen in der Schweiz, insbesondere im Kanton Aargau und im Raum Zürich, weshalb die Rostgans dort als fest etablierte Neozoe gilt. 

Am Klingnauer Stausee rasten regelmässig Rostgänse auf dem Durchzug, insbesondere zur Mauserzeit. Auch Wintergäste sowie einzelne Brutpaare lassen sich dort beobachten. Dieses Jahr gab es zum Beispiel eine erfolgreiche Brut im Grippiger Grien. Trotz ihres Erfolges in der Anpassung wird die Art aus naturschutzfachlicher Sicht kritisch gesehen, da sie während der Brutzeit andere Arten verdrängen kann. Als Höhlenbrüter besetzt sie nämlich gerne die Brutplätze von Schleiereulen und Turmfalken. 

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