Nicht nur Watvögel rasten während ihres Herbstzuges am Klingnauer Stausee, sondern auch Greifvögel wie Wespenbussard, Rohrweihe und Fischadler. Jetzt im September ist der Höhepunkt des Greifvogel-Zuges.
Wenn Anfang Herbst die Nahrung knapp wird, beginnen die Greifvögel mit ihrem Zug Richtung Süden. Dabei gibt es verschiedene Zugstrategien: Einige Greifvögel sind sogenannte Standvögel und bleiben das ganze Jahr über bei uns. Dazu gehört zum Beispiel der Wanderfalke. Weiter gibt es Kurzstreckenzieher wie den Sperber, die nur bis zum Mittelmeer fliegen. Langstreckenzieher wie der Wespenbussard verbringen den Winter hingegen südlich der Sahara. Viele Arten sind auf der Reise darauf angewiesen, dass sie sich unterwegs ausruhen und Nahrung aufnehmen können. Dazu braucht es geeignete Gebiete, wie eben den Klingnauer Stausee. Die Alpen stellen hingegen ein natürliches Hindernis dar, das von vielen Greifvögeln umflogen oder an einer bestimmten Stelle überflogen wird. So kann es an einigen Passübergängen zu regelrechten Massenansammlungen kommen.
Die Langstreckenzieher
Ein seltener, aber doch regelmässiger Gast am Klingnauer Stausee ist der Fischadler. Aufgrund seiner hohen Zuggeschwindigkeit und der Tatsache, dass ihn hohe Berggipfel und Schlechtwetterperioden kaum beeinträchtigen, rastet er selten. Wenn er sich für wenige Tage niederlässt, dann nur an grösseren Flüssen, Seen und Kleingewässern mit einem grossen Fischbestand. Seine Wanderung beginnt Mitte August und endet Anfang Oktober.
Wespenbussarde können als Insektenfresser nicht ganzjährig in Europa bleiben, sondern überwintern südlich der Sahara. Die adulten Wespenbussarde fliegen um die Alpen und um das Mittelmeer herum. Junge Wespenbussarde hingegen überfliegen beide Hindernisse. In der Schweiz können sie von Juli bis Oktober beobachtet werden mit einem Höhepunkt zwischen Ende August und Anfang September. Da sie zur Überquerung der Alpen hauptsächlich thermische Aufwinde und bestimmte Pässe nutzen, können Wespenbussarde in grosser Zahl auftreten.
Rohrweihen überwintern zwischen der Sahelzone und dem südlichen Afrika. Es ziehen jedoch nicht alle Individuen: Jene aus Nord- und Mitteleuropa ziehen, in anderen Teilen Europas bleiben sie jedoch das ganze Jahr über. Ihr Zug beginnt Anfang August und erreicht Mitte September seinen Höhepunkt. Da die spärlichen Schilfflächen in der Schweiz jedoch nicht für lange Rastzeiten ausreichen, ziehen die Rohrweihen rasch bei uns durch.
Rohrweihe (Circus aeruginosus) Sperber (Accipiter nisus)
Ein Kurzstreckenzieher
Nur bis zum Mittelmeerraum zieht der Sperber. Auch hier ziehen aber nicht alle: Ein Teil der Sperber bleibt bei uns, wobei Jungvögel eine grössere Bereitschaft zur Abwanderung zeigen als Adulte. Der Anteil der abwandernden Population wird durch Sperber aus dem Norden ausgeglichen. Die Individuen, die bleiben, vergrössern im Winter ihren Aktionsradius. Ziehende Sperber können ab Mitte August am Klingnauer Stausee beobachtet werden, wobei die Mehrheit erst zwischen Ende September und Anfang November durchzieht.
Die Bestände vieler Greifvögel sind in der Vergangenheit stark eingebrochen. Ursachen sind der Einsatz von Pestiziden, Bejagung und der Verlust von Lebensraum. Es ist daher wichtig, geeignete Lebensräume auch auf ihren Zugrouten zu schützen.